28. Februar 2015

„Findeste nicht auch?“ sagte sie und gab ihm einen Schubs in die Rippen. Er wusste nicht, was sie meinte, weil er nicht zugehört hatte. „So könnte man das sehen“, erwiderte er geistesgegenwärtig, begleitet von einem wichtigtuerischen Kopfnicken. „So sehe ich das auch“, bestätigte sie ihn. Verdammt raffiniert von mir, lobte er sich.

27. Februar 2015





"Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden, die Deutschen glauben sie." (Napoleon)

26. Februar 2015

Faust oder Gretchen, das ist hier die Frage

Ob sie sich das gut überlegt haben, ihn auf Johann Wolfgang taufen zu lassen, nur weil ihr Vater Johann und sein Vater Wolfgang heißt? Was wird die Klasse feixen, wenn er eine 4 oder 5 im Aufsatz schreibt … Faust werden sie ihn nennen, vorausgesetzt, er spielt ordentlich Fußball. Wenn nicht, ist er das Gretchen. Aber was geht mich das an.

25. Februar 2015

„Hast du mal gesehen, wie ein Hund den Mond anheult?“
„Was soll die Frage?“
„Hast du oder hast du nicht?“
„Hab ich, ja.“
„Und? Hat er sich verändert?“
„Wer?“
„Egal. Der Mond oder der Hund?“

24. Februar 2015

Absicht oder Schlamperei?

Wer einen Menschen zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder aus einem anderen niedrigen Beweggrund tötet, ist ein Mörder. Insofern ist es zutreffend, von Selbstmordattentätern zu sprechen. Aber ein Mensch, der sich tötet, weil er seine psychischen oder physischen Schmerzen nicht länger ertragen kann, wie kann man den einen Mörder, einen Selbst-Mörder nennen? Wenn das der Osservatore Romano tut, darf einen das nicht wundern. Doch wenn seriöse Medien es dem gleichtun, wundert einen das schon. 

23. Februar 2015

Noch leben wir in einem freien Land –!

Sie hat nun mal eine verdammt erotische Ausstrahlung, so wie sie ihren Hintern bewegt. Nicht dass es ihn unbedingt in Wallung versetzte. Aber hinschauen, das tat er schon ganz gerne. Zuletzt meinte Thomas, man sollte ihn als jugendgefährdend auf den Index setzen. "So weit käm’s noch, dass der Staat bestimmt, wie eine ihren Hintern zu bewegen hat!" erwiderte Volker allen Ernstes. Seit er den neuen Houellebecq gelesen hat, reagiert er völlig humorlos, wenn es um solche Themen geht.

22. Februar 2015

Es ist eine Verhannoverisierung unserer Umgangssprache zu beobachten. Immer stärker setzt sich dieses aseptische, von jedem regionalen Klang gereinigte Idiom durch.

21. Februar 2015

Ein Wort zu Martin Luther

Viele Ausdrücke, die er schuf, als er das Neue Testament in die deutsche Sprache übersetzte, führen wir noch heute im Munde:

Feuertaufe, Bluthund, Selbstverleugnung, Machtwort, Schandfleck, Lückenbüßer, Gewissensbisse, Herzenslust, Morgenland, friedfertig, Nächstenliebe, Lästermaul, Lockvogel, Firmament, geistreich, Geizhals, prahlen, Schauplatz, Vorhaut, Pöbel, kleingläubig, Feigenblatt, Sündenbock … 

Auch Redewendungen wie: 

Perlen vor die Säue werfen, ein Buch mit sieben Siegeln, die Zähne zusammenbeißen, etwas ausposaunen, im Dunkeln tappen, ein Herz und eine Seele, auf Sand bauen, Wolf im Schafspelz, Rat und Tat, seine Zunge im Zaum halten, schlecht und recht, Fleisch und Blut, Mark und Bein gehen auf ihn zurück. Seine sprachschöpferische und stilistische Leistung ist einzigartig.
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Anm. Wieso eigentlich sprechen seine Nachfahren, die an den Mikrofonen deutscher Rundfunkanstalten sitzen, seinen Namen englisch aus, wenn von dem Pastor und Bürgerrechtler Martin Luther King die Rede ist? Bei dem einen klingt es Martin Luuser King, bei dem anderen Martin Lusser King, vielleicht gibt es noch eine dritte Variante zwischen Luuser und Lusser. Nach Luther jedenfalls klingt es nie.

20. Februar 2015

Ich bin sein Schnäppchen.

Trinken wir einen? fragte er mich, als wir uns  heute Morgen auf der Fressgass begegneten. Auch wenn immer ich es bin, der zahlt (und bei einem Wein bleibt es nie), so ziehe ich doch einen nicht geringen Nutzen daraus. Beispielsweise hätte ich für die Matratze, die ich letztes Jahr gekauft habe, ohne seinen Tipp gut einen Hunderter mehr hinlegen müssen. Ich glaube, ich habe noch nie über etwas anderes mit ihm gesprochen als über Schnäppchen. 

19. Februar 2015

Auf der Konstablerwache

Um mir nicht sein Gebabbel anhören zu müssen, bleibe ich stehen und wende mich dem Stand mit den Kürbissen zu. Während ich ihm nachblicke, frage ich mich, weshalb er so getan hat, als hätte er mich nicht gesehen. Er muss mich gesehen haben. 

Über Fotografie

Die benutzerfreundliche Technik macht glauben, jeder, der einen Finger an der Hand hat, könnte fotografieren. Das ist falsch! Richtig ist: Er kann draufdrücken. 

18. Februar 2015

Der Wortführer am Nebentisch erinnert mich an einen Politiker, der durch Verschlucken aller Präpositionen und aller Vor- und Nachsilben einen mehrgliedrigen Satz auf zwei, drei Laute reduzierte, als fürchtete er, seine Zuhörer könnten ihn verstehen, ja, als fürchtete er, sich selbst zu verstehen. Aber vielleicht ging es ihm nur darum, jede seiner Äußerungen dementieren zu können.

Frankfurt am Main / Steinweg


 

Ausreichende englische Sprachkenntnisse sind die Voraussetzung, damit Zuwanderer an der deutschen Leitkultur teilhaben können.

17. Februar 2015

Seine runzelig weiße Haut mit den braunen Flecken erinnerte ihn an Matzen.

Früher, wenn die Nachbarn Pessach oder eine Bar Mizwa feierten, schickten sie eines ihrer Kinder mit ein paar Fladen vorbei. Wenn er sich dann das erste Stück abbrach und es in den Mund steckte, zögerte er für einen Moment, weil er an Hostien dachte. Die hätte er nie gekaut, die ließ er zwischen Zunge und Gaumen zergehen. Schließlich ist die Hostie der Leib Christi, und die Vorstellung, er würde … Das dachte er nie zuende.

15. Februar 2015

Nachdem er sich das alles angehört und jedes Wort auf versteckte Bedeutungen abgeklopft hatte, wurde ihm klar, dass er sich das alles hätte ersparen können. Er war nicht gescheiter als zuvor.

14. Februar 2015







Es gibt unwürdigere Arten, an das Geld anderer Leute zu kommen, als durch Prostitution.

13. Februar 2015

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Letzte Woche, bei der feierlichen Amtseinführung des italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella, war auch Silvio Berlusconi zugegen. Zur Erheiterung berichtete Berlusconi von folgender Begebenheit:
Ein Sizilianer wird von der Polizei kontrolliert. Auf die Frage, was er in seiner Tasche habe, gibt er an, nichts anderes sei darinnen als ein Taschenrechner. Bei der Durchsuchung kommt eine Lupara, eine abgesägte Schrotflinte, zum Vorschein. Meint der Sizilianer: „Was regt ihr euch auf? So wird nun mal bei uns abgerechnet." 
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Anm.: Mattarellas Bruder Piersanti wurde 1980 von der sizilianischen Cosa Nostra erschossen. Berlusconi war viermal Ministerpräsident von Italien. 

12. Februar 2015

Politsprech

Immer mehr werden die Wörter wie die Bilder gebraucht: schillernd und alles Mögliche bedeutend, dementierfähig. 

11. Februar 2015

Wenn die Islamisten nichts mit dem Islam zu tun haben, was haben dann die Kreuzfahrer mit dem Christentum zu tun? Nichts? 

10. Februar 2015

Die Massenkultur ist eine Bedrohung der Phantasie. Die ständige Wiederholung der Klischees macht die Menschen apathisch.

9. Februar 2015

8. Februar 2015

Die Gefahr lauert überall

Als sie in das Alter kam, in dem ihre Virginität in Gefahr geriet, schickten ihre Eltern sie ins Gymnasium der Ursulinen. Dass sich ein Messdiener und dann der Kaplan an sie ranmachen würden, konnten sie bei Gott nicht ahnen.

7. Februar 2015

Die Eitle

Würde ihr einer flüstern, der Mann auf der anderen Straßenseite sei angesichts ihres Aussehens vom Rad gefallen, sie würde es glauben. Zugegeben, sie sieht auffallend gut aus. Sie hat ein ebenmäßiges Gesicht, volle Lippen, langes, schwarzes Haar und eine schlanke Figur, alles was eine Frau zu einer schönen Frau macht. Ungeachtet dessen ist  sie von paradigmatischer Unerotizität.

6. Februar 2015

… als wenn einer immer denselben Satz sagte.

Es gibt Künstler, die sich über Jahrzehnte ständig wiederholen. Ihre Galeristen nennen das Konsequenz.

5. Februar 2015




Weiß der Himmel, was schon alles in einem Sarg transportiert worden ist … Drogen, Waffen, quicklebendige Halunken, hinter denen die Polizei her war, Opfer, die mit dem Segen eines ahnungslosen Pfarrers im Krematorium entsorgt wurden, und was sonst noch. 



4. Februar 2015

unter lustigen vögeln

Und da sagen doch maßgebliche Germanisten, unsere Sprache würde nichts an Informationswert verlieren, wenn wir zur radikalen Kleinschreibung übergingen ... Welch ein Irrtum!

3. Februar 2015

Sein tiefschwarzes Haar glänzte wie Speck. Es wellte sich über den Kragen eines etwas zu engen, giftgiftgrünen Anzugs. Ein Künstler –? Bühnenkünstler, wahrscheinlich, dachte ich. Im Vorbeigehen fiel mein Blick auf seine Schuhe. Sie waren mit Paketkordel geschnürt.

2. Februar 2015

Miteinander schlafen, das taten sie schon seit Jahren nicht mehr.

Pünktlich um halb acht verließen sie das Haus und kehrten, je nach Stundenplan, zwischen zwölf und eins zurück. Wer zuerst da war, bereitete das Essen vor, meist Nudeln mit einer in der Mikrowelle aufgetauten Soße, oder Aufgewärmtes vom Abend zuvor. Die Sommerferien verbrachten sie in Frankreich. Beide liebten sie den Atlantik und das kleine Häuschen in Vendée, das sie in den Achtzigern erworben hatten. Sie lebten still und zufrieden nebeneinanderher. Bis Jenny auftauchte. Danach änderte sich alles.

1. Februar 2015

Die Lippen zusammengepresst stieß sie abschätzig die Luft aus der Nase, um jede Unklarheit zu beseitigen, was sie von den Ausführungen ihres neuen Freundes hielt. Wir anderen sahen uns an und wussten, das wird nicht gutgehen.

Der Aushilfskellner

Die Bestellung nahm er mit einem angedeuteten Nicken auf, um sich wortlos dem nächsten Tisch zuzuwenden. Es war augenscheinlich, dass er uns zeigen wollte, welche Überwindung es ihn kostete, uns zu bedienen. Bei unserem heutigen Besuch berichtete der Wirt, es sei der Cousin seiner Frau gewesen, der Ende letzten Jahres seine Magisterarbeit gemacht habe. Ach! staunte Heinz und grinste, wenn dem so ist –!