11. Mai 2015





Es war vor vielen Jahren, als ich gegen Mitternacht mit Maik aus dem Jazzkeller kam und er darauf bestand, mich in ein Puff mitzunehmen. Ich sollte endlich meine Scheu überwinden, er sei doch bei mir, versuchte er mich zu überzeugen. Und schließlich sei er dort bekannt wie ein bunter Hund, was ich allerdings für eine seiner typischen Übertreibungen hielt. Nach einem kurzen Zögern hatte die Neugier meine Scheu besiegt und wir machten uns auf den Weg ins Ostend. Aufmunternd tätschelte er mir die Schulter und läutete. Ein kompakter Typ, Marke Bodyguard, öffnete und hieß uns mit einer knappen Handbewegung willkommen. Vor uns tat sich ein Raum auf, in dem sieben, acht Frauen gelangweilt herumsaßen, ungewöhnlich gut aussehende Frauen in raffinierten Dessous. Der Duft allein schon, der uns entgegenkam, verriet, dass dies nur ein Etablissement der Sünde sein konnte. Maik setzte sein breitestes Grinsen auf und streckte die Hände aus wie ein Dirigent, der zum Einsatz auffordert. Und tatsächlich schallte es im Chor: „Mensch Maik!“ Triumphierend sah er sich um nach mir. Nein, dieses Mal hatte er nicht übertrieben. Das ging mir durch den Kopf, als ich dieser Tage an der Baustelle vorbeikam, wo bis vor ein paar Monaten das Sudfass stand, Frankfurts edelstes Puff. Schade, dass du dich so früh vom Acker gemacht hast, alter Freund. Es war nie langweilig mit dir.

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